Murray Rothbards Essay Anatomy of the State, 1974 erschienen, ist ein wegweisendes Werk der libertären Theorie, das den Staat und seine Rolle in der Gesellschaft aus einer radikal kritischen Perspektive beleuchtet. Rothbard, ein prominenter Ökonom und politischer Theoretiker in der Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, argumentiert, dass der Staat per Definition eine parasitäre Institution ist, die durch Zwang und Gewalt existiert.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse des Essays?
Was ist der Staat?
Rothbard beginnt mit der grundlegenden Frage: «Was ist der Staat?» Er definiert den Staat als eine Organisation, die ein Monopol auf die Anwendung von Gewalt in einem bestimmten Territorium beansprucht. Dieser Monopolanspruch unterscheidet den Staat von anderen Institutionen, die ihre Macht durch freiwillige Kooperation und Austausch ausüben. Rothbard betont, dass der Staat seine Existenz auf Zwang gründet – sei es durch Besteuerung, Regulierung oder direkte Gewaltanwendung.
Der Staat als Aggressor
Rothbard stellt klar, dass der Staat nicht als eine neutrale Institution betrachtet werden kann, die das Gemeinwohl fördert. Vielmehr ist der Staat ein Aggressor, der die Rechte der Individuen systematisch verletzt. Durch Besteuerung enteignet der Staat die Bürger und nutzt die eingenommenen Mittel zur Aufrechterhaltung seiner Machtstrukturen. Rothbard verweist darauf, dass alle Formen der Besteuerung Diebstahl sind, da sie ohne die freiwillige Zustimmung der Betroffenen erfolgen.
Die Legitimation des Staates
Ein zentrales Thema in Rothbards Analyse ist die Frage, wie der Staat seine Macht legitimiert. Er argumentiert, dass der Staat ein umfassendes Propagandanetzwerk entwickelt hat, um seine Existenz zu rechtfertigen. Durch Bildung, Medien und religiöse Institutionen wird den Bürgern beigebracht, den Staat als notwendige und wohlwollende Institution zu akzeptieren. Rothbard weist darauf hin, dass diese Propaganda darauf abzielt, den Staat als Hüter von Recht und Ordnung darzustellen, während in Wirklichkeit die Freiheit der Bürger eingeschränkt und ihre Rechte missachtet werden.
Die Rolle der Intellektuellen
Ein wichtiger Aspekt von Rothbards Analyse ist die Rolle der Intellektuellen in der Aufrechterhaltung der staatlichen Macht. Er argumentiert, dass Intellektuelle, die sich korrumpieren lassen, oft als Sprachrohr des Staates fungieren, indem sie dessen Ideologie verbreiten und rechtfertigen. Diese Intellektuellen profitieren in der Regel von staatlicher Unterstützung, sei es durch Subventionen, staatliche Anstellungen oder andere Formen der finanziellen Absicherung. Durch diese Verflechtung werden die Intellektuellen zu den Hauptverfechtern staatlicher Kontrolle und Macht.
Der Mythos der sozialen Notwendigkeit
Rothbard kritisiert die Vorstellung, dass der Staat eine unverzichtbare Rolle bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung spielt. Er argumentiert, dass diese Annahme auf einem Mythos beruht, der durch staatliche Propaganda aufrechterhalten wird. Rothbard betont, dass Märkte und freiwillige Kooperation weitaus effizienter und gerechter in der Schaffung von Wohlstand und sozialer Ordnung sind. Der Staat hingegen schafft durch seine Eingriffe und Monopolansprüche mehr Probleme, als er löst.
Der Staat schafft eine Zweiklassengesellschaft
Ein zentraler Punkt in Rothbards Essay ist die Vorstellung, dass der Staat vor allem dazu dient, bestimmte Gruppen zu privilegieren, während er andere unterdrückt. Diese privilegierten Gruppen bestehen oft aus politischen Eliten und deren Verbündeten, die den Staat nutzen, um sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern. Rothbard nennt dies «Plünderung» – die Umverteilung von Ressourcen durch den Staat von den Produktiven zu den Privilegierten. Diese Plünderung ist in allen staatlichen Aktivitäten präsent, sei es durch Besteuerung, Zwangsabgaben oder Monopolrechte.
Der Staat und der Krieg
Ein besonders kritisches Kapitel in Rothbards Analyse ist die Beziehung zwischen dem Staat und dem Krieg. Rothbard argumentiert, dass Kriege im Wesentlichen staatliche Aktivitäten sind, die dazu dienen, die Macht des Staates zu erweitern und zu festigen. Kriege bieten dem Staat die Gelegenheit, seine Kontrolle über die Bevölkerung zu verstärken, sei es durch höhere Steuern, strengere Gesetze oder die Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten. Für Rothbard ist der Krieg die ultimative Manifestation staatlicher Gewalt und Macht.
Der Weg zur Freiheit
Zum Abschluss seines Essays diskutiert Rothbard den Weg zur Freiheit. Er betont, dass der erste Schritt darin besteht, die wahre Natur des Staates zu erkennen und die Illusionen zu durchbrechen, die ihn umgeben. Rothbard ruft dazu auf, den Staat als das zu sehen, was er ist – eine parasitäre Institution, die durch Zwang und Gewalt existiert. Die Befreiung der Gesellschaft erfordert daher nicht nur die Begrenzung staatlicher Macht, sondern ihre vollständige Abschaffung. Rothbard plädiert für eine Gesellschaft, die auf freiwilliger Kooperation, individuellem Eigentum und Marktwirtschaft basiert – eine Gesellschaft ohne den Staat.
Fazit
Murray Rothbards Anatomy of the State ist ein scharfsinniger und provokativer Angriff auf die Legitimität des Staates. Rothbard entlarvt den Staat als eine Institution der Ausbeutung und Unterdrückung, die auf Zwang und Gewalt basiert. Er zeigt auf, wie der Staat seine Macht durch Propaganda, die Unterstützung der Intellektuellen und die Schaffung von Kriegszuständen aufrechterhält. Rothbards Vision einer freien Gesellschaft basiert auf der Überzeugung, dass wahrer Frieden und Wohlstand nur in einer Welt ohne staatliche Macht möglich sind.
Diese radikale Kritik des Staates bleibt ein zentraler Text für jeden, der die Prinzipien der Freiheit und des Libertarismus versteht und verteidigt.
Das Buch «Anatomy of the State» von Murray N. Rothbard gibt es hier zum kostenlosen Download als PDF.