Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Seit der Erstveröffentlichung meines Buches Freie Privatstädte – mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt im Jahr 2018 ist viel geschehen. Es existiert z.B. eine Stiftung, die jedes Jahr eine Konferenz veranstaltet, auf der über die Fortschritte bei der Etablierung neuer, freiheitlicher Formen des Zusammenlebens berichtet wird. Seit Kurzem gibt es sogar Meetups von Freunden Freier Privatstädte in den Weltmetropolen, von Buenos Aires über London bis Dubai. Vor allem aber sind einige Ideen meines Buches in die reale Gestaltung der weltweit ersten autonomen Zone neuen Typs eingeflossen, die Rede ist von Próspera in Honduras. Davon soll im Folgenden die Rede sein.
In den letzten Jahren hat sich Honduras vor allen anderen Staaten hervorgetan. In diesem kleinen lateinamerikanischen Land wurde neuen Produkten auf dem Markt des Zusammenlebens eine Chance gegeben. Diese Gebiete wurden als ZEDEs bekannt – die spanische Abkürzung für „Zonen für wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung“. Teilweise als Sonderwirtschaftszonen bezeichnet, handelt es sich um deutlich mehr: es sind echte Sonderverwaltungsgebiete, die eigene Organe haben und eigene Regeln schaffen können mit dem Ziel, ein stabiles rechtliches und politisches Umfeld zu schaffen, das ausländische Investoren zum Nutzen aller Honduraner anzieht.
Eine neue Mischform
Angesichts der weitgehenden Autonomie stellt sich die Frage, ob die Honduranischen ZEDEs im Allgemeinen und die ZEDEs Próspera und Morazán im Besonderen Freie Privatstädte sind. Die Antwort lautet: Nicht ganz, sie sind eher Hybride mit Elementen Freier Privatstädte. Das allgemeine Design der ZEDEs geht zwar davon aus, dass auch private Initiatoren die Einrichtung einer ZEDE vorschlagen können, ist aber nicht auf eine private Verwaltung ausgerichtet, sondern sieht – inspiriert von Hongkong – eher eine staatliche Top-Down-Verwaltung vor. Das Oberhaupt, der sogenannte Technische Sekretär, muss ein gebürtiger Honduraner sein. Nach dem ursprünglichen Konzept kann er sämtliche Regeln setzen, die sich an den besten Praktiken anderswo in der Welt orientieren sollen, muss diese aber von der staatlichen Kommission „Ausschuss für die Übernahme bewährter Praktiken“ (CAMP) genehmigen lassen. Diese Kommission war zunächst mit Experten aus aller Welt besetzt, hatte nach einer Umbesetzung dann aber zuletzt eine klare Mehrheit von Angehörigen der honduranischen Regierung einschließlich des damaligen Premierministers (der übrigens einer der drei Schöpfer der ZEDE-Idee war). Eine Mitbestimmung der ZEDE-Initiatoren oder der Bewohner war nicht vorgesehen. Die Initiatoren der ersten ZEDE Próspera fanden dies unbefriedigend. Sie wandten sich an mich, nachdem ich 2016 die ersten Vorträge zu meinem Konzept Freier Privatstädte gehalten hatte, mit dem Wunsch, Elemente meiner Idee in das Konzept einzubauen. So geschah es in der Folgezeit.
Letztlich ist eine Mischform zwischen einer klassischen staatlichen Verwaltung und einer Freien Privatstadt dabei herausgekommen. Damit der Technische Sekretär nicht alles alleine entscheiden kann, wurde ihm ein Stadtrat (council) zur Seite gestellt, der aus Vertretern der privaten Initiatoren der ZEDE und solchen der Einwohner besteht. Die Rechte der Einwohner sind umfangreich geschützt in einer Charta, welche auch die genannte Struktur festschreibt; insoweit hat Próspera auch ein Charter City Element. Die Verwaltung wurde wie bei Freien Privatstädten fast vollständig delegiert auf einen allgemeinen Staatsdienstleister (General Service Provider). Die staatliche Kommission CAMP bestand aber darauf, dass die Eintreibung der Steuern (laut ZEDE-Gesetz muss mindestens eine Steuer erhoben werden, von den Einnahmen müssen 12 % an den Honduranischen Staat abgeführt werden) und die Funktion der Polizei nicht an den privaten Staatsdienstleister delegiert wird, sondern direkt unter der Obhut des Technischen Sekretärs als Vertreter des Staates verbleibt.
Diese Modifikation des ursprünglichen ZEDE-Gedankens im Sinne eines besseren Schutzes der Einwohner, privater Verwaltungsdienstleistungen und einer Verteilung der Macht weg vom Technischen Sekretär waren Monate von Verhandlungen mit der CAMP vorausgegangen. Zuletzt hatten wir uns mit deren Hauptvertretern in Klausur begeben, mit dem Versprechen, nicht auseinanderzugehen, bevor nicht alle offenen Punkte geklärt sind. Dies gelang nach drei Tagen und im Dezember 2017 wurde die ZEDE Próspera als erste ZEDE in Honduras genehmigt. Die zweite ZEDE Morazán hat sich an diesem Modell orientiert und eine ähnliche Struktur gewählt.
Insofern besteht zunächst die öffentlich-rechtliche Körperschaft ZEDE, die vom Technischen Sekretär geleitet wird und die vergleichbar einer Gemeinde in das Gefüge des honduranischen Staates eingebunden ist, allerdings über ein spezielles Aufsichtsorgan verfügt, nämlich CAMP. Erst unterhalb dieser Ebene spielen sich die Elemente privater Verwaltung ab.
Ein Strukturelement auf der ZEDE-Ebene ist tatsächlich neu und entspricht meinem Vorschlag: es gibt in Próspera einen echten Bürgervertrag zwischen der ZEDE und den Bewohnern. Dieser heißt dort Agreement of Coexistence und war bereits im ZEDE-Gesetz als Option angelegt. Deshalb haben wir hier ein Hybridmodell: Einerseits gibt es eine Charta, die bestimmte Regeln festlegt und die Rechte der Bewohner schützt, zum anderen gibt es aber darüber hinaus noch den Bürgervertrag, der einen jährlich zu bezahlenden Betrag für den Staatsdienstleister vorsieht, aber auch den Schutz vor nachteiligen Rechtsänderungen. Die an den Betreiber zu zahlende Gebühr beträgt in Próspera für Honduraner lediglich 260 US-Dollar pro Jahr, ist also auch für untere Einkommensgruppen erschwinglich.
Ursprünge des ZEDE-Gesetzes
Wie kam es überhaupt zum ZEDE-Gesetz? In der öffentlichen Diskussion wird oft behauptet oder angenommen, dass die ZEDEs ihren Ursprung im Ausland hätten – in den Köpfen visionärer Unternehmer oder idealistischer Akademiker. Eine solche Erzählung übersieht jedoch den zentralen Punkt, nämlich, dass die Grundidee aus Honduras selbst kam. Alles begann mit drei honduranischen Juristen: Octavio Sanchez, Carlos Pineda und Ebal Díaz. Am Anfang stand ihre Vision, Honduras bei der Bewältigung seiner gravierenden Probleme zu helfen. Insbesondere Sanchez hatte versucht, Wege zu finden, um ein Land zu reformieren, das von Korruption, schwacher Rechtsstaatlichkeit und der daraus resultierenden Armut geplagt war. Honduras steht seit Langem in der Spitzengruppe der Länder mit der höchsten Gewaltkriminalität. Ein Land umzukrempeln ist jedoch alles andere als einfach, zumal wenn die Drogenmafia Einfluss bis in die höchsten Staatsorgane hat.
Schließlich wurde die Schaffung einer neuen autonomen Stadt nach dem Vorbild Hongkongs in Honduras zu einer starken Vision in Sanchez‘ Kreisen. Im Jahr 2010 wurde Lobo Präsident und Sanchez sein Stabschef. Das war ihre Chance; die honduranischen Hongkongs konnten endlich Wirklichkeit werden. Das Gesetz über die Einrichtung der neuen Zonen – das ZEDE-Gesetz – wurde dann im September 2013 mit einer überwältigenden Parlamentsmehrheit verabschiedet. Mit diesem Gesetz wurden die ZEDEs unter anderem klar und eindeutig in die honduranische Verfassungsordnung eingeordnet. Institutionell wurde der „Ausschuss für die Übernahme bewährter Praktiken“ (CAMP) zur Überwachung der ZEDEs eingesetzt.
Es dauerte jedoch weitere vier Jahre, bis die erste ZEDE – Próspera – tatsächlich genehmigt wurde. Laut internen Quellen „wurde die Verzögerung […] einer Kombination aus internen Streitigkeiten und finanzieller Misswirtschaft innerhalb von CAMP, einem Mangel an tatsächlichem Interesse an der Entwicklung von ZEDEs seitens des Präsidenten Hernández [der sein Amt im Januar 2014 angetreten hatte], Ablenkungen durch Wahlen … zugeschrieben“. Erst als einer der drei honduranischen Vordenker der ZEDEs, Carlos Pineda, 2016 Sekretär von CAMP wurde, kamen die Dinge in Bewegung. Die ZEDE Próspera wurde im Dezember 2017 genehmigt, die ZEDE Ciudad Morazán ein Jahr später. Eine dritte ZEDE – Orquidea – wurde dann im Juni 2021 in Betrieb genommen. Eine vierte ZEDE, Mariposa, stand beim Regierungswechsel Ende 2021 kurz vor ihrer Genehmigung; es sollen nach Aussagen von CAMP-Mitgliedern mir gegenüber damals zwanzig (!) weitere ZEDE-Anträge vorgelegen haben. Die Grundidee, das Land durch viele Hongkongs zu reformieren, nahm Gestalt an. Dann kamen die Sozialisten an die Regierung und CAMP wurde faktisch aufgelöst.
Alle drei zu dem Zeitpunkt (Ende 2021) schon bestehenden ZEDEs haben gemeinsam, dass sie auf vormals unbewohntem Land errichtet worden sind, das privaten Eigentümern abgekauft wurde. Ansonsten unterscheiden sie sich erheblich. Próspera konzentriert sich auf regierungstechnische und technologische Innovationen, wissensbasierte Wirtschaft und die Anbindung von Honduras an die internationale Wirtschaft. Ciudad Morazán ist eine „Arbeiter-ZEDE“, die sich an die Bewohner der Arbeiterklasse und der Mittelschicht, hauptsächlich aus Honduras, richtet. Orquidea enthält keine Wohnkomponente, sondern ist ausschließlich auf die Produktion von Obst und Gemüse für den Export ausgerichtet. Dank der Autonomie, die die ZEDE genießt, konnte jede der drei Zonen das Rechtssystem und die Vorschriften wählen, die für sie am besten geeignet sind. Ciudad Morazán wendet größtenteils das honduranische Zivilgesetzbuch an, das exportorientierte Orquidea hat das Recht des US-Bundesstaates Delaware übernommen, und Próspera hat den Roatán Common Law Code entwickelt, der im Wesentlichen auf dem US Common Law und dem innovativen Open-Source-Rechtssystem Ulex beruht, das vom Rechtsprofessor Tom W. Bell von der Chapman University entwickelt wurde.
Faktenfreier Widerstand
In dem Maße, wie die Aktivitäten rund um die ZEDEs zunahmen, wuchs auch die Opposition. Von ideologischen Gegnern bis hin zu etablierten Interessen waren die ZEDEs heftigen Angriffen ausgesetzt. Überall tauchten Anschuldigungen auf, die in der besorgten Öffentlichkeit vor allem von Akteuren geschürt wurden, deren Machtposition durch die ZEDEs in irgendeiner Weise bedroht oder deren ideologische Ausrichtung mit ihnen unvereinbar war.
Der Hauptvorwurf, der von der Presse verstärkt und wiederholt wurde, lautet, dass die ZEDEs den Einheimischen mit der Enteignung ihres Landes und ihrer Immobilien drohen oder sogar direkt an deren Enteignung beteiligt seien.
Da Próspera im Mittelpunkt vieler dieser Vorwürfe stand, hat das Unternehmen wiederholt deutlich gemacht, dass es mit Enteignungen nichts zu tun haben will. Die Vertreter von Próspera verweisen auf ihre Satzung, die keine Enteignungsbefugnisse enthält (Artikel 2.04), sowie auf eine Entschließung aus dem Jahr 2020, die jegliche Enteignung unmissverständlich ausschließt und die Verpflichtung von Próspera bekräftigt, nur auf ausdrücklichen Wunsch der Landbesitzer ihr Land in die ZEDE aufzunehmen. Wie bereits erwähnt, befindet sich das gesamte in Próspera eingegliederte Land in Privatbesitz und war vor der Umwandlung in eine ZEDE unbewohnt. Außerdem wurde besonderes Augenmerk auf die Klarheit der betreffenden Eigentumstitel gelegt, die in Honduras oft widersprüchlich oder unvollständig sind.
Trotz all dieser Beteuerungen und der Ernsthaftigkeit, mit der insbesondere Morazán und Próspera die Frage der Nichtenteignung und des Einvernehmens angehen, hat sich diese Angriffslinie hartnäckig gehalten. In einem kürzlich erschienenen Artikel wird zum Beispiel unkritisch die Behauptung wiederholt, dass „die für den Bau der ZEDE vorgesehenen Gebiete angestammtes Land in der Garifuna-Region sind, das seit Tausenden von Jahren von der indigenen Bevölkerung bewohnt wird. Folglich würde der Bau von ZEDEs zu einer Massenvertreibung der einheimischen Bevölkerung führen.“ Es ist aber offensichtlich, dass die Erschließung von unbewohntem Land unmöglich zu irgendeiner Vertreibung führen kann und solche Behauptungen daher keinen Bezug zur Realität haben.
Solche Beispiele für unehrliche oder geradezu fantastische Berichterstattung wurden schließlich zum täglichen Brot der ZEDEs. So behauptete das Nationale Zentrum der Feldarbeiter (CNTC) in einer Flut von Anschuldigungen und Denunziationen, dass zu den „sozialen Auswirkungen“ der ZEDEs „Zwangsvertreibung, erhöhte Konfliktgeneigtheit und Gewalt, Verlust des kulturellen Erbes, Migration und die verstärkte Unterdrückung von Protesten“ gehören. Mit welcher Begründung solche ungeheuerlichen Anschuldigungen erhoben werden, wurde nicht erläutert, fast so, als ob es sich um Allgemeinwissen handelte, das gar nicht erst belegt werden musste.
Im Laufe der Jahre füllten sich die sozialen Medien in Honduras mit weiteren Befürchtungen und Behauptungen, die nicht der Realität entsprachen, aber dennoch bis zum Überdruss wiederholt wurden, angeheizt durch die weit verbreiteten Fehlinformationen in der Presse. Die schiere Menge an Kritik und Wut im Internet erweckte den Eindruck, dass das ganze Land gegen die ZEDEs sei und dass die Öffentlichkeit sie einhellig verurteile.
Tatsächlich zeigte es sich, dass der Widerstand gegen das ZEDE-Gesetz schnell schwand, wenn man die Menschen über den Inhalt und Zweck aufklärte. Ich habe selbst mit einigen Bürgermeistern in Honduras diskutiert. Teilweise wurde mir offen gesagt, man habe auch die Resolution gegen die ZEDEs unterschrieben, wisse aber nicht wirklich, was das ZEDE-Gesetz bedeute. Nachdem ich den Inhalt erläuterte, war in mehr als einem Fall die Reaktion, dass der Bürgermeister fragte, ob man nicht seine Gemeinde auch zur ZEDE machen könne.
Auch Umfragen belegen, dass der Widerstand gegen die ZEDEs nur von einer lautstarken Minderheit politisch oder ideologisch motivierter Akteure und Interessengruppen organisiert wird und dass es nie eine breite Bewegung gegen die Zonen gegeben hat. Doch irgendwann übertönt die geballte Kraft der Gegeninteressen eine echte Diskussion über die Vor- und Nachteile von Sonderverwaltungsgebieten. Als die Negativpresse am lautesten war, war es für die Oppositionsführerin Xiomara Castro ein Leichtes, die Anti-ZEDE-Position zu einem wichtigen Punkt ihrer Präsidentschaftskampagne zu machen. Als sie Ende 2021 den Wahlsieg errang, versprach sie, die ZEDEs abzuschaffen, die sie als Vehikel für ausländische Ausbeutung ansah – eine Position, die sie mit dem allgegenwärtigen Slogan „Honduras is not for sale“ zusammenfasste. Im April 2022 stimmte der Kongress für die Aufhebung des ZEDE-Gesetzes und leitete den Prozess der Aufhebung der Verfassungsänderungen ein, die die Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2013 ermöglicht hatten. 2023 hätte eine weitere Abstimmung stattfinden müssen, um die Verfassungsänderungen zu bestätigen oder abzulehnen. Das unterblieb, weil die Sozialisten inzwischen ihre entsprechende Mehrheit im Parlament verloren hatten.
Eine ZEDE-Auflösung ist nicht einfach
Die dennoch angedrohte Abschaffung der bereits bestehenden ZEDEs per Regierungs- oder Parlamentsbeschluss ist rechtlich nicht möglich und könnte sich für Castro und ihre Partei als sehr kostspielig erweisen. In öffentlichen Erklärungen sowie in jüngsten Interviews haben Vertreter von Próspera deutlich gemacht, dass die auf ihrem gesetzlichen Bestandsschutz bestehen.
Das ZEDE-Gesetz sieht vor, dass es selbst im Falle seiner Aufhebung für die bestehenden ZEDEs noch ein Bestandsschutz von mindestens zehn Jahren gibt, wenn nicht ein längerer Zeitraum in einem internationalen Abkommen vereinbart ist. Letzteres ist der Fall, in einem Vertrag zwischen Honduras und Kuwait wird die Bestandsschutzgarantie für die ZEDEs auf 50 Jahre erweitert. Eine Klagebefugnis ergibt sich für die privaten Unternehmen der ZEDE (u.a. Honduras Próspera Inc.) aus dem Investorenschutz in Form von internationalen Verträgen, die Honduras unterzeichnet hat, etwa aus dem CAFTA-Abkommen. Ein Verfahren gegen Honduras vor dem ICSID-Schiedsgericht in Washington wurde eingeleitet.
Für die ZEDEs ist damit eine Ära zu Ende gegangen, in der die honduranische Regierung trotz böswilliger Angriffe verschiedener Gruppen im Wesentlichen auf ihrer Seite stand. Das ist schade, auch weil durch die Untätigkeit zwischen 2013 und 2017 so viel Zeit verloren gegangen ist. Hätten die ZEDEs früher mit ihrer Entwicklung begonnen, wäre es vielleicht schwieriger gewesen, sie jetzt politisch zu bekämpfen. Dann wären viele Arbeitsplätze entstanden, die Menschen würden sicher in den ZEDEs leben und eine höhere Lebensqualität genießen. Vergleichbares geschah in den 80er Jahren mit den „Maquilas“, den exportorientierten Freizonen. Es gab zunächst viel Widerstand in Honduras dagegen, aber nachdem die ersten zwanzigtausend Arbeitsplätze geschaffen wurden, wollte keine Partei mehr die Maquilas abschaffen. Das gilt bis heute. Dasselbe wäre auch bei den ZEDEs der Fall gewesen, vor allem in Morazán, die für den durchschnittlichen honduranischen Arbeiter in dieser Region erhebliche Verbesserungen in allen Lebensbereichen gebracht hätte.
Sichtbare Fortschritte
Obwohl das Glück nicht auf der Seite der ZEDEs stand, haben sie in der kurzen Zeit ihres bisherigen Bestehens schon beträchtliche Innovationen im Bereich der Staatsdienstleistungen und Verwaltungsorganisation hervorgebracht. Es wurden mehrere neue Konzepte entwickelt, wie z. B. die verfassungsähnlichen ZEDE-Chartas, ein komplettes Common-Law-Gesetzbuch auf der Grundlage des Open-Source-Rechtssystemkonzepts Ulex, ein elektronisches Grundbuch- und Übertragungssystem und erstmals ein Bürgervertrag – um nur einige zu nennen. Diese Neuerungen wurden in Honduras entwickelt und erprobt und können in künftigen Projekten auf der ganzen Welt wieder eingesetzt werden.
Doch trotz der verpassten Chancen ist der honduranische Traum noch nicht ausgeträumt. Próspera macht weiter, als ob nichts geschehen wäre. Neue Gebäude werden errichtet, Firmen gegründet, Konferenzen abgehalten und man kann die Innovationskraft und Begeisterung der Beteiligten förmlich spüren!
Auch Morazán hat jüngst den Bau von Wohnhäusern wieder aufgenommen. Zunächst hatten die in Morazán befindlichen drei Unternehmen ihre Tätigkeit eingestellt und keine weiteren Investitionen übernommen, aufgrund der Feindseligkeiten und der Drohungen der Regierung. Die entlassenen Arbeiter wollten aber trotzdem innerhalb Morazáns wohnen bleiben, denn hier gibt es viel höhere Sicherheit, insbesondere für Familien mit Kindern, und bessere Infrastruktur. In der benachbarten Stadt Choloma ist es zum Beispiel nicht einmal möglich, nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße zu gehen, aufgrund der exorbitanten Bandenkriminalität. In Morazán hingegen finden um diese Zeit Grillfeste statt. Deshalb wollen jetzt auch viele andere Einwohner Cholomas nach Morazán übersiedeln, wo man für nur 150 USD im Monat ein kleines Haus mieten kann und der Betreiber von Morazán, Massimo Mazzone, hat sein Geschäftsmodell daraufhin angepasst.
Diese offensichtlichen Vorteile der ZEDEs sind auch den anderen großen Parteien nicht verborgen geblieben. Außer der sozialistischen Partei sind nunmehr alle bereit, über einen neuen rechtlichen Rahmen für das Weiterbestehen der Zonen zu sprechen.
Wahlsieger kommen und gehen, und vielleicht wird, wenn sich der Wind wieder dreht, ganz Honduras von einem Kaleidoskop verschiedener ZEDEs profitieren können, die mit Verbesserungen der Systeme und Institutionen experimentieren, um eine bessere Welt für uns alle zu schaffen.
Dies ist ein Auszug aus der dritten, umfangreich überarbeiteten Auflage von „Freie Privatstädte – mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt“. Das Buch ist erhältlich bei Amazon oder beim Sandwirt. Autor Titus Gebel ist ein promovierter Völkerrechtler und Unternehmer mit einem weltweiten Netzwerk. Unter anderem war er Gründer und langjähriger CEO der Deutsche Rohstoff AG. Er ist zudem Mitgründer des kanadischen Nuklear-Startups Dual Fluid Energy. Er berät diverse Länder bei der Innovation von Sonderwirtschaftszonen und ist Präsident der Free Cities Foundation, welche weltweit die Entwicklung von freien Städten fördert.